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Betrug bei TikTok? Kritik am Creator Reward Programm

Betrügt TikTok seine Nutzer? Dieser Vorwurf steht neuerdings im Raum, denn es häufen sich zahlreiche Hinweise darauf, dass TikTok im Rahmen seines Creator Rewards Programm Nutzer wiederholt vom Auszahlungssystem ausschließt. Betroffen sind vor allem junge Menschen, die mit ihren Inhalten hohe Reichweiten erzielten. Es liegen Aussagen mehrerer Dutzend Beteiligter vor. Worum geht es genau?

Angerissener Geldsack, ein Geldschein und das TkTok Logo - Erstellt mit AI durch Betrugstest Prompt.

Aktuelle Recherchen zeigen, dass TikTok immer häufiger Auszahlungen an Nutzer verweigert. Ist das Betrug?

  • Das Creator Reward Programm ist in Deutschland seit zwei Jahren aktiv. Es belohnt untr anderem hohe Besucherzahlen.
  • Immer wieder kommt es vor, dass TikTok die Auszahlungen verweigert und die Konten der Nutzer sperrt.
  • Die Aufklärung gestaltet sich schwierig. Ansprechpartner sind nicht zu erreichen und seitens des Unternehmens gibt es keine klare Stellungnahme.

Geld durch Reichweite: Wie das Programm funktioniert

Eine umfangreiche Recherche der Zeit dokumentiert, dass sich Fälle häufen, bei denen zugesicherte Zahlungen verweigert werden. Doch alles der Reihe nach. TikTok hat das Creator Rewards Program in Deutschland seit rund zwei Jahren aktiviert. Es soll Nutzern mit mehr als 10.000 Followern eine finanzielle Vergütung ermöglichen. Voraussetzung ist die Zulassung durch das Unternehmen.

Wer teilnimmt, erhält Geldbeträge pro Video, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Die Videos müssen selbst erstellt sein, eine Mindestlänge von einer Minute aufweisen und sollen originelle Inhalte enthalten. Die Berechnungsgrundlage für die Auszahlung hängt von verschiedenen Faktoren ab: Anzahl der Aufrufe, Länge der Verweildauer der Zuschauer, Likes sowie Kommentare. Der sogenannte RPM-Wert (Rate per Mille) variiert dabei stark. Teilnehmende können in der App die jeweils erwartete Auszahlung pro 1.000 Aufrufe einsehen. Wie TikTok die genaue Vergütung berechnet, bleibt unklar.

Versprochene Auszahlung blieb aus

Ein dokumentierter Fall aus dem Sommer 2024 beschreibt die Situation zweier Schüler, die innerhalb eines Monats laut App-Anzeige rund 5.030 Euro verdient haben sollen. Die Auszahlung war für Ende August 2024 vorgesehen. Kurz vor diesem Termin sperrte TikTok das Konto für das Bonusprogramm mit der Begründung eines “Sicherheitsproblems”. Die Gelder wurden nicht ausgezahlt.

Die Betroffenen legten Widerspruch ein. TikTok wies diesen ab. Nach Ablauf der 30-tägigen Sperrfrist ließ das Unternehmen das Konto erneut zu. Dieser Ablauf wiederholte sich laut Angaben der Schüler vier weitere Male. Die App zeigte ihnen jeweils neue verdiente Beträge an. Vor dem Auszahlungszeitpunkt folgte jedoch erneut die Disqualifikation. Die recherchierende Redaktion konnte Teile der Angaben mit Screenshots belegen.

Fehlende Transparenz beim Ausschluss

Laut TikTok erhält nur, wer originelle Inhalte selbst gestaltet. Die betroffenen Nutzer nutzten fremdes Bildmaterial, das sie umgestalteten. TikTok nennt dies einen Verstoß gegen die Regeln, der die Disqualifikation rechtfertige. In der App verwies TikTok jedoch ausschließlich auf ein unspezifiziertes “Sicherheitsproblem”. Eine klare Erläuterung des genauen Regelverstoßes erfolgte nicht.

Bemerkenswert bleibt die wiederholte Zulassung des gleichen Kontos. TikTok begründet dies mit der Möglichkeit, disqualifizierten Teilnehmern neue Chancen zu geben. Die Prüfung der Teilnahmebedingungen findet laut Recherchen jedoch offenbar erst kurz vor der Auszahlung statt. In der Zwischenzeit produzieren viele Nutzer regelmäßig neue Videos, erzielen hohe Reichweiten und sammeln laut App-Anzeige finanzielle Guthaben.

Weitere Fälle mit ähnlichem Verlauf

Ein Grundschullehrer, der Inhalte über seinen Schulalltag auf TikTok veröffentlicht, schilderte ein ähnliches Muster. Auch ihm verweigerte das Unternehmen die Auszahlung, trotz vorheriger Anzeige eines dreistelligen Betrags. Erst durch einen persönlichen Kontakt im PR-Team des Unternehmens konnte er die Auszahlung doch noch erreichen. TikTok bestätigte die Zahlung.

Viele andere betroffene Nutzer haben keinen Zugang zu Ansprechpartnern. Laut Die Zeit finden sich auf Reddit zahlreiche Beiträge, in denen Teilnehmer dem Unternehmen vorwerfen, Zusagen nicht einzuhalten. Die Reaktionen von TikTok auf Beschwerden erfolgen in vielen Fällen automatisiert. Nutzer erhalten wiederholt dieselben Antworten. Ein Nutzer berichtete, dass er auf Rückfragen immer wieder Informationen liefern sollte, die er bereits übermittelt hatte.

Disqualifikation durch Algorithmen

TikTok prüft einen Großteil der Videos mit Hilfe automatisierter Systeme. Nach eigenen Angaben kontrollieren Computerprogramme rund 80 Prozent aller Inhalte. Auch bei Disqualifikationen scheint das Unternehmen auf diese Technik zu setzen. Ein Nutzer berichtete, dass sein Konto laut automatisierter Überprüfung “ein gutes Ansehen” habe, obwohl es kurz zuvor aus dem Belohnungssystem entfernt worden war.

In einem anderen Fall wurden zwei Videos eines Nutzers rückwirkend als ungeeignet für Minderjährige eingestuft. Die Inhalte zeigten Alltagssituationen und satirische Sketche. TikTok informierte den Betroffenen nicht direkt darüber, sondern begründete die Sperrung allgemein mit einem angeblichen Verstoß gegen Richtlinien.

Widersprüche zwischen Begründung und Praxis

Die recherchierenden Reporter konfrontierten TikTok mit der Frage, warum betroffene Konten mehrfach für das Bonusprogramm freigeschaltet wurden, obwohl Verstöße gegen die Richtlinien vermutet wurden. TikTok erklärte, man wolle Nutzer motivieren, ihre Inhalte weiterzuentwickeln. Gleichzeitig zeigte sich in den dokumentierten Fällen, dass die Auszahlungen regelmäßig kurz vor dem Auszahlungstermin gestrichen wurden.

Die Betroffenen konnten in der App stets aktuelle Einnahmen sehen. In einem dokumentierten Beispiel verbuchte das Konto innerhalb einer Woche 2,4 Millionen Aufrufe. Die App zeigte dafür einen Betrag von 1.584 Euro an. Auch andere Wochen wiesen ähnlich hohe Summen aus. Ausgezahlt wurde jedoch nichts.

Auszahlungsversprechen ohne Garantie

Die Recherchen deuten darauf hin, dass TikTok die Teilnahmebedingungen nicht kontinuierlich überprüft. Stattdessen scheint das Unternehmen erst zu handeln, wenn es zur Auszahlung kommen soll. So sammeln sich über Wochen Beträge an, die aus Sicht der Nutzer rechtmäßig verdient wurden. Kurz vor dem Zahlungstermin folgt dann die Disqualifikation – ohne detaillierte Begründung.

TikTok verweist regelmäßig auf die eigenen Community-Richtlinien. Diese sehen unter anderem vor, dass Inhalte nicht gegen geistige Eigentumsrechte verstoßen dürfen. Gleichzeitig fehlt es in vielen Fällen an einem transparenten Prüfprozess. Teilnehmer erhalten keine konkreten Hinweise, was sie künftig anders machen müssen. Stattdessen folgen automatisierte Antworten, Wiederzulassungen und erneute Ausschlüsse.

Monetarisierung bleibt unsicher

Das Creator Rewards Program sollte es Nutzern ermöglichen, direkt über die App Einnahmen zu erzielen. Viele der dokumentierten Fälle zeigen, dass dies unter bestimmten Umständen nicht verlässlich funktioniert. Die Kriterien für Auszahlung und Disqualifikation bleiben unklar. Die Einschätzungen der Betroffenen decken sich in vielen Punkten.

Das Rechercheteam der Zeit hat zahlreiche Beispiele gesammelt und ausgewertet. In mehreren Fällen dokumentierten sie wiederholte Zulassungen, hohe Reichweiten, konkrete Auszahlungsversprechen und anschließende Ausschlüsse. Nutzer, die Videos mit fremden Inhalten kombinierten, fielen regelmäßig aus dem System. Gleichzeitig waren ihre Accounts weiterhin online, konnten neue Inhalte posten und erneut am Bonusprogramm teilnehmen.

Viele offene Fragen

TikTok äußert sich zu einzelnen Fällen nur knapp. Das Unternehmen verweist auf seine Richtlinien und die Verpflichtung zur Originalität. Die recherchierten Fälle zeigen, dass es bislang keine einheitliche oder nachvollziehbare Praxis im Umgang mit Disqualifikationen gibt. Die Auszahlungsmechanismen sind undurchsichtig. Ob TikTok sein Belohnungssystem künftig transparenter gestalten wird, bleibt offen.

Der Bericht der Zeit legt nahe, dass viele Nutzer mit großem Aufwand Inhalte erstellen, ohne am Ende verlässlich mit einer Auszahlung rechnen zu können. Besonders für junge Teilnehmer kann dies frustrierend sein. Die Frage, ob TikTok systematisch Teilnehmer ausschließt und ob es sich um eine Betrugsmasche handelt, lässt sich nicht abschließend beantworten. Klar ist jedoch: Die Transparenz und Kommunikation bei TikToks Monetarisierungsprogramm stehen allerdings zunehmend in der Kritik.

Anatol Tsirgiotis
In meiner täglichen Arbeit habe ich ein einziges Ziel: zu verhindern, dass Leser in Online-Betrügereien oder Betrügereien verfallen.
Geschrieben von: Anatol Tsirgiotis
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