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Betrug mit Sozialleistungen: Pflege Angehöriger als Mittel zum Zweck

Die sogenannte Verhinderungspflege ist eine Leistung der Pflegekassen und soll pflegenden Angehörigen die Möglichkeit geben, eine Auszeit zu nehmen. Doch hinter dieser scheinbar unbürokratischen Hilfe verbirgt sich ein wachsendes Problem: Betrug und Missbrauch. Die jüngsten Recherchen zeigen, dass die Kontrolle dieser Zahlungen weitgehend unzureichend ist. Dies hat zu einem dramatischen Anstieg an missbräuchlichen Anträgen geführt.

Eine Frau, die neben einem älteren Mann steht und eine Hand, die nach einem Antrag greift - Erstellt mit AI durch Betrugstest Prompt.

Kriminelle ergaunern hohe Summen beim Betrug mit Sozialleistungen – Tendenz steigend.

  • Recherchen des NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung haben ein organisiertes System an Betrügern zutage gefördert, in dem Täter Sozialleistungsbetrug in großem Stil begehen.
  • Besonders gravierende Fälle sind die, wo für bis zu 100 Menschen gleichzeitig Verhinderungspflege beantragt wurde.
  • Es mangelt an effektiven Kontrollmechanismen und meist fällt Betrug nur durch Zufall auf.

Anstieg der Ausgaben und steigender Missbrauch

Verhinderungspflege wird von den Pflegekassen zur Verfügung gestellt, wenn pflegende Angehörige eine Pause brauchen. Diese Leistung kann bis zu 2.500 Euro jährlich umfassen. Die Ausgaben sind in den letzten Jahren stark gestiegen.

2022 gaben die Kassen noch 2,1 Milliarden Euro aus, 2023 stiegen die Ausgaben auf 2,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2024 betrugen sie bereits 3,1 Milliarden Euro, was einem Anstieg von über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Während diese Zahlungen vielen pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen zugutekommen, wird die Leistung auch zunehmend missbraucht. Untersuchungen von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung zeigen, dass immer häufiger Verhinderungspflege beantragt wird, obwohl sie tatsächlich nicht stattgefunden hat. In einem Abschlussbericht des Bundeskriminalamts werden diese Missstände explizit erwähnt.

Organisierte Kriminalität im Pflegebereich

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen hat erkannt, dass der Missbrauch der Verhinderungspflege nicht nur auf einzelne Versicherte beschränkt ist. Vielmehr sei die organisierte Kriminalität ein zunehmendes Problem. Tätergruppen nutzen die Unkenntnis der Pflegebedürftigen aus. Diese Gruppen beantragen im Namen der Betroffenen Verhinderungspflege und kassieren das Geld, während sie nur einen Bruchteil an die Pflegebedürftigen weitergeben.

Ein besonders erschreckendes Beispiel kommt aus Bayreuth, wo eine Pflegeberaterin für etwa 100 Versicherte Verhinderungspflege beantragte. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Fall Anklage erhoben. Etwa 25 der insgesamt 150 Ermittlungsverfahren wurden abgeschlossen, und die Betroffenen erhielten Strafen, darunter Geldstrafen und Bewährungsstrafen.

Das Verfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen, da gegen die Hauptverdächtige, die das interne Wissen ihrer vorherigen Tätigkeit bei der AOK Bayern ausnutzte, noch eine Entscheidung über die Zulassung der Anklage aussteht.

Dunkelziffer und fehlende Kontrollen

Laut Dominik Schirmer, der bei der AOK Bayern für Fehlverhalten zuständig war, wurde die AOK allein durch Missbrauch in Höhe von 360.000 Euro geschädigt. Er betont, dass die Dunkelziffer bei den Verstößen gegen die Verhinderungspflege sehr hoch ist. Auch die Pflegekassen im gesamten Bundesgebiet berichten immer wieder von Betrugsfällen.

„”Die AOK Bayern wurde im Bereich der Verhinderungspflege um 360.000 Euro geschädigt. […] Uns ist vollkommen bewusst, dass es eine enorm hohe Dunkelziffer in diesem Bereich gibt.” – Dominik Schirmer, AOK Bayern

Den Betrug aufzuklären, ist jedoch, wie auch bei vielen anderen Betrugsmaschen, ein mühsames Unterfangen. Die Kassen können in den meisten Fällen nur durch Zufall Unregelmäßigkeiten entdecken.

Dies geschieht oft, wenn Abrechnungen für Pflegepersonen vorgenommen werden, die zu der angegebenen Zeit im Krankenhaus lagen. Oder wenn immer wieder dieselben Kontonummern für die Zahlungen verwendet werden. In einem weiteren Fall stellte sich heraus, dass eine angebliche Pflegeperson gleichzeitig für mehr als zehn Pflegebedürftige in verschiedenen Orten tätig war.

Die Rolle der Pflegeberater und der Behörden

In vielen Fällen sind Pflegeberaterinnen und -berater involviert, die ihr Wissen über das System ausnutzen, um betrügerische Anträge zu stellen. Diese haben Zugriff auf interne Informationen, die sie für ihre eigenen Zwecke missbrauchen.

Ein solcher Fall wurde kürzlich von der Staatsanwaltschaft in Bayreuth verfolgt, wo eine Pflegeberaterin systematisch Gelder für Verhinderungspflegeanträge abzweigte. Solche Missbräuche werfen ein schlechtes Licht auf die Arbeitsweise der beteiligten Stellen.

Ein weiteres Problem ist die unzureichende Transparenz bei der Bekämpfung von Betrug durch die Pflegekassen. Die AOK Baden-Württemberg weigerte sich, ihren Fehlverhaltensbericht zu veröffentlichen. Auch die Techniker Krankenkasse (TK) hielt ihren Bericht zurück. Diese mangelnde Offenheit erschwert die Bekämpfung des Missbrauchs.

Zukünftige Maßnahmen und Reaktionen der Politik

Der Betrug bei der Verhinderungspflege wird voraussichtlich weiter zunehmen, insbesondere im Hinblick auf die geplante Erhöhung der Höchstsumme für diese Leistung. Ab Juli 2025 wird die Förderung auf 3.500 Euro pro Jahr erhöht. Dies könnte den Anreiz für Tätergruppen noch weiter steigern, betrügerische Anträge zu stellen.

Das Bundesgesundheitsministerium verteidigt die Erhöhung der Förderung als eine Reaktion auf die langjährigen Forderungen von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen. Es wurde versprochen, dass nach der Auszahlung der Verhinderungspflege den Pflegebedürftigen eine schriftliche Übersicht über die Zahlung zugeschickt wird, um die Kontrolle zu verbessern.

Fazit: Ein problematisches System

Die Verhinderungspflege sollte eine wichtige Unterstützung für pflegende Angehörige sein, doch aufgrund unzureichender Kontrollen und einfacher Antragstellung ist sie auch ein Ziel für Betrüger geworden. Die Politik steht nun vor der Herausforderung, das System so zu reformieren, dass es den echten Bedarf deckt, ohne gleichzeitig Tür und Tor für Missbrauch zu öffnen.

Steffen Breitner
Gerechtigkeit steht für ihn an erster Stelle. Seine jahrelange Erfahrung und sein Fokus auf Transparenz helfen ihm, Betrug schnell zu erkennen. Er testet Online-Casinos gründlich auf Sicherheit und Legalität, insbesondere im Hinblick auf den deutschen Glücksspielstaatsvertrag. Sein Ziel ist es, Nutzern zuverlässige Informationen zu bieten und sie vor unseriösen Anbietern zu schützen.
Geschrieben von: Steffen Breitner
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