Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas setzt sich entschieden für die Bekämpfung des organisierten Missbrauchs von Sozialleistungen ein. Besonders betroffen sind Ausbeutungsstrukturen, die Zuwanderer nach Deutschland locken, um sie über gefälschte Arbeitsverhältnisse zu Missbrauch der Sozialhilfe zu animieren. Um dieses Problem zu lösen, fordert sie einen besseren Datenaustausch zwischen verschiedenen Behörden und Ministerien.

Betrug mit Bürgergeld und anderen Sozialleistungen nimmt immer mehr zu. Arbeitsministerin Bärbel Bas spricht von mafiösen Strukturen.
- Menschen aus EU-Ländern werden bei dieser Betrugsmasche mit Jobangeboten nach Deutschland gelockt.
- Sie werden auf Minijob-Basis angemeldet und beantragen zugleich Bürgergeld, das an die Drahtzieher geht.
- Die Aufklärung wird durch das föderale System in Deutschland und unzureichenden Datenaustausch erschwert.
Bürgergeld und Schwarzarbeit als Ziel
In einem Interview mit dem Stern kritisiert Ministerin Bas die existierenden mafiösen Strukturen, die das Bürgergeld in Deutschland ausnutzen. Dabei werden EU-Bürger aus Ländern wie Bulgarien und Rumänien mit falschen Jobangeboten ins Land geholt.
„Es gibt jedoch ausbeuterische Strukturen, die Menschen aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland locken und ihnen Mini-Arbeitsverträge anbieten. […] Gleichzeitig lassen sie diese Menschen Bürgergeld beantragen und schöpfen die staatlichen Mittel dann selbst ab. Das sind mafiöse Strukturen, die wir zerschlagen müssen.“ Arbeitsministerin Bärbel Bas im Interview mit dem Magazin Stern.
Diese Menschen, die faktisch nur in Mini-Jobs arbeiten, beantragen zusätzlich Bürgergeld, obwohl ihre tatsächlichen Einkünfte weitaus höher sind, als sie angeben. Die gefälschten Arbeitsverträge und die systematische Ausbeutung führen zu einem Missbrauch der deutschen Sozialleistungen, was Bas als schwerwiegendes Problem ansieht.
Fehlende Kontrolle durch unzureichenden Datenaustausch
Ein zentraler Punkt für die Ministerin ist der mangelnde Austausch zwischen den zuständigen Behörden. Aktuell sind Finanzämter, Jobcenter und Sicherheitsbehörden noch zu stark voneinander getrennt, was die Aufdeckung von Missbrauch erschwert. Bas fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, insbesondere im Hinblick auf den Aufenthaltsstatus von Zuwanderern und die Verifizierung ihrer Ansprüche auf Sozialleistungen.
„Groß angelegter Sozialleistungsmissbrauch im Inland sowie durch im Ausland lebende Menschen muss beendet werden. Einen vollständigen Datenaustausch zwischen Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden werden wir ermöglichen.“ – Bärbel Bas im Stern.
Wenige Zahlen und das Ausmaß des Problems
Schätzungen zum Umfang des Missbrauchs sind bislang schwierig zu ermitteln. Die Fälle sind oftmals lokal begrenzt, was eine bundesweite Auswertung erschwert. In Duisburg, einem besonders betroffenen Gebiet, zeigt sich, dass die Zahl der Bürgergeldempfänger aus Bulgarien und Rumänien in den letzten Jahren stark angestiegen ist.
Allein im Jahr 2025 lag die Zahl der Bürgergeldbezieher aus diesen Ländern bei über 11.000. Es handelt sich jedoch nicht ausschließlich um Missbrauchsfälle – viele Zuwanderer aus diesen Ländern arbeiten auch in sozialversicherungspflichtigen Jobs und tragen somit zur Finanzierung des deutschen Sozialstaates bei.
Kindergeld und andere Sozialleistungen als Ziel von Missbrauch
Neben dem Bürgergeld sind auch andere Sozialleistungen wie das Kindergeld betroffen. In 2024 stellte die Bundeskasse fest, dass über 321 Millionen Euro an zu Unrecht gezahltem Kindergeld zurückgefordert wurden.
In zahlreichen Fällen konnten diese Zahlungen gestoppt werden, nachdem die Behörden unregelmäßige Meldungen überprüft hatten. Ein wesentlicher Teil des Missbrauchs betrifft Kinder, die in den Anträgen angegeben wurden, jedoch nicht auffindbar sind.
Razzien und Untersuchungen
Vor allem in Regionen mit günstigem Wohnraum, wie zum Beispiel im Ruhrgebiet, kommen viele Fälle des Sozialleistungsmissbrauchs vor. Es wurden bereits mehrere Razzien durchgeführt, um Missbrauchsfälle aufzudecken. Ein Beispiel ist eine große Aktion im Januar 2025, an der verschiedene Behörden beteiligt waren. Es wurde der Verdacht erhärtet, dass Scheinarbeitgeber fingierte Arbeitsverträge ausstellten, um so Zuwanderer ins deutsche Sozialsystem einzuschleusen.
Diese “Arbeitnehmer” erhielten dann Bürgergeld, das zum Teil an die Drahtzieher abgeführt wurde. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen führte in fünf Städten, darunter Duisburg, umfangreiche Ermittlungen durch.
Falsche Angaben und Scheinarbeitsverhältnisse
Die Ermittlungen deckten auf, dass viele der sogenannten Arbeitsverhältnisse ohne feste Arbeitszeiten oder klar definierte Aufgaben auskamen. Diese fehlenden Angaben machten es für die Behörden äußerst schwierig, die tatsächliche Arbeitsleistung nachzuweisen.
Gleichzeitig wurden die Betroffenen in überbelegte und heruntergekommene Wohnungen untergebracht, die von den Scheinarbeitgebern auch vermietet wurden. So entstand ein Geschäftsmodell, das sowohl aus falschen Arbeitsverhältnissen als auch aus unzulässigen Mietverhältnissen profitierte.
Datenkoordination – Föderales System als Hindernis
Deutschland ist ein föderales Land, und die Zuständigkeiten sind auf verschiedene Ministerien und Behörden verteilt. Für den effektiven Kampf gegen den Missbrauch ist eine effiziente Koordination unerlässlich. Während die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Jobcenter für die Auszahlung von Sozialleistungen zuständig sind, übernehmen Zollbehörden die Kontrolle von Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigungsverhältnissen.
Gleichzeitig ist die Ausländerbehörde für die Prüfung des Aufenthaltsstatus verantwortlich. Die Verteilung dieser Aufgaben erschwert die Durchführung von länderübergreifenden Kontrollen und die Sammlung relevanter Daten.
Notwendigkeit einer verbesserten Kommunikation
Ministerin Bas betont, dass ein vollständiger Datenaustausch zwischen den verschiedenen Institutionen eine entscheidende Rolle spielt. Durch die Verknüpfung der Daten von Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden sollen Betrugsfälle schneller erkannt und verfolgt werden.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist notwendig, um Missbrauchsfälle wirksam zu verhindern. Die Ministerin hat dies bereits im Koalitionsvertrag verankert, jedoch sind konkrete Maßnahmen noch in der Prüfungsphase.
Ministerin Bas setzt auf harte Sanktionen
Um Missbrauch in Zukunft wirksam zu verhindern, will Bas den Umgang mit Sozialleistungsbetrug deutlich verschärfen. Neben einer verstärkten Kontrolle und Überprüfung von Anspruchsberechtigten plant sie, Sanktionen gegen betrügerische Empfänger von Sozialleistungen zu verschärfen.
Wer Termine beim Jobcenter versäumt oder falsche Angaben macht, soll künftig schneller und konsequenter bestraft werden. Ministerin Bas möchte so nicht nur das Vertrauen in den Sozialstaat stärken, sondern auch kriminelle Strukturen zerschlagen.
Die Umsetzung bleibt schwierig
Ob die Maßnahmen in der geplanten Form tatsächlich umgesetzt werden können, bleibt abzuwarten. Derzeit befinden sich die Pläne für die Neustrukturierung der Behörden und den verbesserten Datenaustausch in der Prüfung. Ministerin Bas kündigte jedoch an, noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge vorzulegen. Auch wenn es noch viele Hürden zu überwinden gibt, ist klar, dass der Missbrauch von Sozialleistungen künftig konsequenter bekämpft werden soll.