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NRW: Weg frei für WestSpiel-Verkauf

Abseits der üblichen politischen Herausforderungen war der Alltag in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren und Monaten oftmals von einer hitzigen Debatte um die WestSpiel-Casinos geprägt. Eigentlich mal eine Goldgrube gewesen, haben diese über lange Zeit gute Zahlen vermissen lassen. Obwohl sich alle Casinos wieder auf dem Weg der Besserung zu befinden scheinen, hat das Land NRW als Eigentümer genug. Die WestSpiel-Casinos sollen privatisiert werden. Der Landtag hat hierfür ein neues Spielbankengesetz auf den Weg gebracht – und ein Interessent hat ebenfalls schon zaghaft die Hand gehoben.

Außenansicht der Spielbank Aachen.

Der Landtag in NRW hat den Weg für den Verkauf der WestSpiel-Casinos, zudem auch das hier abgebildete Casino Aachen gehört, frei gemacht. (©B_kowsky/Pixabay)

Privatisierung trotz guter Zahlen

Bereits im Mai 2018 entschloss sich die Landesregierung dazu, die WestSpiel-Casinos in private Hände zu geben. Bis dato eine durchaus verständliche Entscheidung. Über Jahre hinweg liefen die Etablissements eher schlecht als recht. „Ärgerlich“ für die Landesregierung war dann allerdings die Tatsache, dass fast zeitgleich mit der Entscheidung für die Privatisierung auch wieder bessere Zahlen erwirtschaftet werden konnten. Im Jahr 2018 wurden Einnahmen in Höhe von rund 108 Millionen Euro brutto erzielt. Davon gingen mehr als 50 Millionen Euro in Form von Abgaben an das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Als Eigentümer der WestSpiel-Casinos (NRW betreibt diese über die NRW. Bank) hat das Bundesland also zumindest 2018 wieder richtig gut verdient.

Trotz alledem blieb die Entscheidung für eine Privatisierung bestehen. Der nordrhein-westfälische Landtag hat mit den Stimmen der Regierungsfraktionen CDU und FDP nun den Weg für die Privatisierung frei gemacht. Und zwar durch ein neues Glücksspielgesetz.

4+2: Neuer Eigentümer profitiert von angenehmen Bedingungen

Für den neuen Eigentümer könnte sich der Deal aufgrund der Gesetzesreform zu einer angenehmen Angelegenheit entwickeln. Die vier Spielbanken in Aachen, Bad Oeynhausen, Duisburg oder Dortmund könnten im Paket verkauft werden. Darüber hinaus wird mit dem Gesetz der Weg für zwei weitere Standorte freigemacht. Hier könnte der neue Eigentümer also nach eigenem Gusto zwei zusätzliche Spielbanken in NRW eröffnen. Vor allem dieser Punkt dürfte das Interesse der möglichen Kunden wecken. Vergeben werden soll die Lizenz für alle sechs Casino-Standorte an nur einen Betreiber. Dieser hat die Chance, sich in einer europaweiten Ausschreibung zu bewerben und vorzustellen.

Bereit vor einiger Zeit wurde die Gauselmann Gruppe immer wieder als möglicher Interessent im Falle eine Privatisierung gehandelt. Die Konzerngruppe aus Espelkamp winkte allerdings stetig ab und erklärte, dass das gesamte Paket nicht attraktiv genug sei. Das war allerdings noch vor der zusätzlichen Vergabe von zwei Standorten. Genau diese zusätzlichen Standorte scheinen nun auch das Interesse der Gauselmann Gruppe geweckt zu haben. Gegenüber dem „WDR“ teilte der Gauselmann-Sprecher Mario Hoffmeister mit, dass man durchaus Interesse habe. Allerdings müsse man erst einmal prüfen, wie hoch die Abgaben, der Kaufpreis und die Personalkosten letztendlich ausfallen würden.

Opposition übt Kritik an Privatisierungsplänen

Dass die WestSpiel-Casinos in private Hände gehen sollen, gefällt derweil noch immer nicht jedem in Nordrhein-Westfalen. Scharf kritisiert wurde die Privatisierung im Landtag zum Beispiel von der Opposition aus Grünen, SPD und AfD. Von Seiten der SPD hieß es, die Landesregierung müsse ihre Verantwortung für den Spielerschutz wahrnehmen und alles unterlassen, wodurch dieser reduziert werden könnte. Die Sorge der Opposition: Ein privater Betreiber würde eher kommerzielle Interessen verfolgen. Die Bekämpfung der Spielsucht sei dem laut SPD „zuwider.“ Darüber hinaus sieht die SPD durch eine private Übernahme auch eine „hohe Unsicherheit“ für die Beschäftigten von WestSpiel.

Ebenfalls ein Dorn im Auge ist der Opposition zudem offenbar der Zeitpunkt der Bekanntmachung. So hätte das Bundesland die weiteren Entwicklungen in Deutschland abwarten sollen. Immerhin würde derzeit ein neuer Glücksspielstaatsvertrag ausgehandelt werden, der sich dann auf den gesamten Markt in Deutschland beziehen würde. Es könnte also durchaus sein, dass NRW die jetzige Reform im Jahr 2021 dann noch einmal reformieren müsste.

WestSpiel-Casinos für SPD ein heikles Thema

Während sich die SPD vor allem gegen die Privatisierung der WestSpiel-Casinos ausspricht, hat die Fraktion im Landtag bereits vor kurzer Zeit schon einmal bei den Casinos ganz genau hingesehen. Erst vor wenigen Tagen wurde ein schriftlicher Bericht angefordert, der Aufschluss über die wirtschaftliche Situation der Westdeutsche Spielbanken GmbH bringen soll. Hintergrund: Die WestSpiel-Casinos haben im Zuge der Coronakrise staatliche Hilfen beantragt, obwohl offenbar genügend Reserven vorhanden gewesen wären. Die Westdeutsche Spielbanken GmbH erklärte, dass jeden Tag Bruttospielerträge von rund 381.000 Euro in der Kasse fehlen würden. Rückwirkend wurde daher ab dem 1. April 2020 staatliche Hilfe in Form von Kurzarbeit beantragt. Und das, obwohl offenbar noch genügend Rücklagen vorhanden gewesen wären. Genau aus diesem Grund forderte die SPD die Vorlage des Jahresabschlusses 2019 ein. So soll überprüft werden, ob es korrekt ist, dass der Konzern für die Zahlung seiner Personalkosten auf staatliche Unterstützung zurückgreifen kann.

Ohnehin gilt die Stimmung in der Belegschaft derzeit als empfindlich. In einer Expertenanhörung zum Thema WestSpiel erklärten die SPD-Politikerin Elisabeth Müller-Witt und ihr Parteikollege Stefan Zimkeit, dass die Beschäftigen um ihre Arbeitsplätze fürchten würden und gleichzeitig eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen befürchten. Die SPD-Politiker erklärten zudem, dass auch die Mehrheit der Expertinnen und Experten davon abgeraten hatte, die WestSpiel-Casinos in private Hände zu geben.

Ebenfalls gegen eine Privatisierung hatten sich auch die NGG, Verdi und der Bund Deutscher Kriminalbeamter ausgesprochen. Sachverständige würden demnach davon ausgehen, dass die Kontrolle über mögliche kriminelle Aktivitäten verschlechtert werden könne, wenn die Spielbanken in private Hände übergehen würde. Wirtschaftsexperten wiederum erklärten, dass die Erlöse aus dem privaten Glücksspiel zur Entschuldung des Bundeslandes beitragen könnten. Mit Blick auf die Sicherheitsbedenken lässt sich zudem als positives Beispiel die Stadt Hamburg anführen. Hier ist die Spielbank bereits seit Jahrzehnten in privaten Händen, ohne dass bisher kriminelle Aktivitäten Einfluss genommen hätten. Der Landtag allerdings hat sich davon nicht weiter beeindrucken lassen. Welche Seite hier die richtige Entscheidung getroffen hat oder hätte, werden wohl erst die kommenden Jahr und Jahrzehnte zeigen können.

Der Beitrag wurde am 8.6.2020 in dem Magazin von Betrugstest.com unter den Schlagwörtern , , , , veröffentlicht.
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