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Kanada: Richter setzt Prozess gegen Untergrund-Glücksspielorganisation aus

Veröffentlicht am: 29.07.2022

In Kanada gelang es einer Spezialeinheit, mehrere Verbrechen aufzudecken, die vom Motorradclub Hells Angels begangen wurden. Wie ein Ermittler sagte, standen diese Verbrechen eindeutig im Zusammenhang mit dem von Hells Angels angebotenen illegalen Glücksspielen. Nun jedoch kommen einige Angeklagte ohne Strafe davon, da sich der Prozess zu lange hinzieht.

Drei Motorräder stehen vor einer Hells-Angels-Location in New York.

Hells Angels ist an der Untergrund-Glücksspielorganisation im Bezirk Ontario beteiligt. Gegen einige der Beteiligten wurde das Verfahren wegen zu langer Verfahrensdauer eingestellt. (©wayoutradio/Pixabay)

Gesetzliche Frist für Gericht überschritten

In Kanada gibt es zwei Fristen: 18 Monate, damit ein Fall vor das Ontario Court of Justice gelangt und 30 Monate, um vor dem Ontario Superior Court zu landen. Nachdem die letzte Frist um mehrere Monate überschritten wurde, hat der Richter das Verfahren gegen einige Mitglieder des Hells Angels Clubs beendet. Das geschah auf Antrag der Verteidigung, die zu solch einem Schritt aus gesetzlicher Sicht das Recht hierzu hat. Die Ermittler sind jedoch froh, dass nicht alle Anklagen fallen gelassen werden. Zwei der Angeklagten stehen weiterhin vor Gericht: Robert Barletta und Craig McIlquham.

Bei diesen beiden ist die Frist noch nicht überschritten. Der Strafverteidiger Goldkind äußerte sich Medienberichten zufolge, dass nun Geldwäsche und organisierte Kriminalität unbestraft bleibt. Dies bezeichnet er als Schande. Zudem wäre der Mord an Michael Deabaitua-Schulde nicht geschehen, wenn es keine Untergrund-Glücksspielorganisation geben würde. Umso schlimmer, dass nun einige Personen unbestraft wegkommen. Doch welche Verbrechen werden dem Hells-Angels-Club zur Last gelegt?

Spielschulden wurden per Gewalt eingetrieben

Ein großes Problem lag darin, dass Spielern ein Darlehen gewährt wurde. So kam es öfter vor, dass Spielern 20.000 CAD (ca. 15.000 Euro) geliehen wurden. Die Rückzahlung sollte innerhalb einer Woche erfolgen. Gelang dies nicht, wurde gegen die Spieler mit Gewalt vorgegangen. An dieser sogenannten Untergrund-Glücksspielorganisation waren die sechs Personen beteiligt, deren Anklage nun fallen gelassen wird. Die Ermittler waren mindestens zwei Jahre beschäftigt, um diese Organisation auszuheben. Hierzu hatten sich zum Teil Undercover-Agenten als Spieler ausgegeben und so das Vertrauen erlangt. Deshalb sind die Ermittler sehr enttäuscht, dass ihre Arbeit quasi umsonst war.

An den Ermittlungen waren 14 Polizeibehörden beteiligt, die unter dem Decknamen Hobart arbeiteten. Von Beginn an lag das Ziel darin, nicht legale Sportwettenseiten und einen unterirdischen Glücksspielring mit Bargeldoperationen aufzudecken. Immerhin wurden innerhalb von sechs Jahren ungefähr 160 Millionen Dollar an die Hells Angels übermittelt. Deshalb wird der Prozess, der zum Teil nun beendet wurde, als millionenschweres Verfahren bezeichnet. Der Polizei gelang es, mehr als 500.000 Dollar zu beschlagnahmen. Damit diese auf Dauer beschlagnahmt bleiben, werden Steuerurteile beantragt. Darunter befindet sich ein Antrag für eine Bargeldsumme von 270.000 Dollar.

2019 konnte Polizei mehrere Personen festnehmen

Nach mehreren Jahren Ermittlungsarbeit gelang es der kanadischen Polizei im Jahr 2019, 30 Personen festzunehmen. Bei der Razzia wurde nicht nur Bargeld, sondern auch Waffen gefunden. Die Beschlagnahmung der Waffen erfreute die Polizei enorm. Denn hierdurch waren sie ihrem Ziel einen großen Schritt näher: Die Gewalt beenden, die von kriminellen Organisationen durchgeführt wird, um ihre eigenen finanziellen Interessen zu stärken. Nun liegt die Befürchtung darin, dass die Gewalt und das Untergrund-Glücksspiel weiter ausgeübt wird.

Das liegt auch daran, dass es weitere vier Fälle gibt, die bei Gericht liegen und ebenfalls beendet werden könnten. Denn auch diese Fälle haben zu lange gebraucht, um vor dem höchsten Gericht zu landen. Mit ein Grund an dieser Situation ist zum Beispiel die Corona-Pandemie, die grundsätzlich zu Ausfällen von Staatsanwälten und Richtern führte. Deshalb wäre es sinnvoll gewesen, die Regel bezüglich der Verfahrensdauer ausnahmsweise zu ändern.

Obwohl die Spezialeinheit bereits im Jahr 2019 200 Anklagen erhoben hatte, scheint das Projekt Hobart zum Scheitern verurteilt. So sehen es zumindest die Ermittler, die maßgeblich am Erfolg beteiligt waren.

Gewalt in Ontario eskalierte

Aufgrund des ungünstigen Ausgangs der Prozesse besteht die Befürchtung, dass die Gewalt in Ontario weiter eskaliert. Diesen Eindruck hatte zumindest die Polizei in den letzten Jahren. Die festgestellte Gewalt erstreckte sich über Erpressung, Brandstiftung und Drohung bis hin zu Mord. Im Mittelpunkt der Gewalt wurde immer wieder der Untergrund-Glücksspielring ermittelt. Demzufolge handelte es sich bei der Gewalt höchstwahrscheinlich immer um die Eintreibung von Spielschulden. Der oben erwähnte Mord an Michael Deabaitua-Schulde geschah durch eine Konkurrenzbande. Nachdem es Zeugen für den Mord gab, konnten die bewaffneten Männer festgenommen und verhaftet werden.

So einfach war es bezüglich der illegalen Glücksspielangebote nicht. Deshalb sorgte die Verhaftung von 28 Personen im Jahr 2019 für die entsprechende Schlagzeile. Die Verhaftung gelang, indem eine Glücksspielorganisation aufgedeckt wurde. Im Rahmen dieser Razzia konnten Waren im Wert von mehreren Millionen Dollar beschlagnahmt werden. Zugleich wurde festgestellt, dass Mitglieder von Hells Angels an der Glücksspielorganisation beteiligt waren. Die durchgeführte Razzia fußte auf den Gewalttaten, die sich in den Jahren 2017 und 2018 verstärkten. Das war der Grund, weshalb die Spezialeinheit Hobart gegründet wurde. Allerdings waren bereits damals einige illegale Glücksspielseiten bekannt. Die Geschehnisse bestätigen jedenfalls, wie wichtig es ist, nur auf sicheren Glücksspielseiten zu spielen. Kanada gibt sich dabei viel Mühe, Spieler zu legalen Angeboten zu bewegen, wie auch zuletzt die Lizenzvergabe an PokerStars zeigte.

Spezialeinheit hatte vier Personen im Fokus

Der Prozess gegen zwei der vier Personen wurde nun beendet. Zwei weitere stehen weiterhin vor Gericht. Ein Problem, das bereits 2017 und 2018 erkannt wurde, stellen illegale Glücksspielseiten dar, die von diesen vier Personen betrieben werden. Diese sollen der Polizei zufolge 13 Millionen Dollar innerhalb von sechs Monaten eingespielt haben. Schätzungen zufolge haben die Portale innerhalb der gesamten Laufzeit mehr als 130 Millionen US-Dollar erwirtschaftet. Die Namen dieser Seiten lauten: Titan Sportsbook, Paytowin Sportsbook, Privada Sportsbook, Players Sportsbook und The Ultimate Sportsbook.

Ein Problem der organisierten Kriminalität liegt immer darin, dass es zahlreiche Verbindungen zu anderen Organisationen gibt. Das ist auch hier der Fall. Die Polizei konnte ermitteln, dass Verbindungen zur Familie Figliomeni aus New York bestehen. Auch hierbei handelt es sich um eine kriminelle Organisation, die unter anderem illegales Glücksspiel betreibt. Das allergrößte Problem ist jedoch die von den Organisationen ausgehende Gewalt, die sich auch im Fund durch die Polizei bestätigt: Abgesehen von legalen Waffen wurden auch illegale Handfeuerwaffen und Sturmwaffen gefunden. Das in den Jahren erzielte Geld wurde verwendet, um millionenschwere Ferienwohnungen und Luxusautos zu kaufen. Auch diese wurden beschlagnahmt.