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Glücksspiel-Prozess: Schlappe für Sony und EA

In den vergangenen Monaten und Jahren haben sich in Europa zahlreiche Gerichte mit den sogenannten Lootboxen in Videospielen beschäftigt. Dabei steht vor allem die Frage im Raum, ob es sich dabei um illegales Glücksspiel handelt. Eine klare Entscheidung haben nun Gerichte in Österreich getroffen. Mit einem schmerzhaften Ergebnis für Sony und Electronic Arts (EA). Gleichzeitig können die Konzerne jedoch auch durchatmen.

Computerspieler spielt Videospiel am Computer.

Sony und EA haben einen wichtigen Prozess in Österreich verloren und müssen ihre Spieler entschädigen. (©11333328/Pixabay)

Sony und EA verlieren Glücksspiel-Prozess am Landesgericht in Wien

Handelt es sich bei Lootboxen in Videospielen um Elemente des illegalen Glücksspiels? Diese Frage beschäftigt bereits seit mehreren Monaten und Jahren unterschiedliche Gericht in Europa. In Österreich ist das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien nun zu einer klaren Entscheidung gekommen. In den Augen des Gerichts würden die Lootboxen gegen das Glücksspielgesetz verstoßen. Die schmerzhafte Folge: Der US-Spieleentwickler und der japanische Elektronik-Konzern müssen allen österreichischen Spielern 10.800 Euro zahlen, die Spieler-Pakete für den Spielmodus „Ultimate Team“ erworben haben.

Erwerben Spieler ein solches Paket, kaufen sie für ihr virtuelles Fußball-Team unterschiedliche Spieler. Welche genau, ist vorher nicht ersichtlich. Da die Kicker mit unterschiedlichen Stärken ausgerüstet verschiedene Werte mit sich bringen, sind verlustreiche und erfolgreiche Käufe der Pakete möglich. Genau wegen dieser Funktionsweise handelten sich die beiden Unternehmen nun den Vorwurf des illegalen Glücksspiels ein.

Trotz Geldstrafe: Konzerne können durchatmen

Auch wenn der Ausgang des Prozesses vor dem Gericht in Wien für Sony und EA keinesfalls optimal verlief, können die Unternehmen durchatmen. Es handelt sich um eine eigenständige Entscheidung, die keine weiteren Auswirkungen auf die Rechtslage in Bezug auf Lootboxen in Österreich haben wird. Soll bedeuten: Andere Gerichte müssen nicht in identischer Form urteilen.

In Österreich werden die Zivilprozesse immer individuell und von Fall zu Fall betrachtet. Die Gerichte sind demnach nicht an frühere Entscheidungen gebunden. Dies führt zu mitunter ganz unterschiedlichen Urteilen, wie vor allem EA bereits feststellen musste. Der US-Entwickler konnte zwei Fälle vor den österreichischen Gerichten für sich entscheiden. Der Fall vor dem Gericht in Wien ging jedoch in der Berufung verloren. Die Forderungen nach einer Regulierung der Lootboxen werden stetig lauter und auch das europäische Parlament befasst sich aktuell mit diesem Thema.

Keine erneute Berufung durch EA

Eine erneute Berufung wird es laut Angaben des US-Konzerns gegen das Urteil nicht geben. Allerdings teilte das Unternehmen mit, dass man mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden sei. Zudem bemängelten die US-Amerikaner, dass die Fakten und die Rechtslage rund um den Fall nicht korrekt wären dargestellt worden. Der Entwickler sei dennoch zuversichtlich, dass die eigenen Entwicklungen kein Glücksspiel darstellen würden. Gleichzeitig betonte der Konzern, dass Gerichte und Behörden auf der ganzen Welt in ähnlichen Fällen zugunsten des US-Unternehmens entschieden hätten.

In der Tat bringt EA bereits eine ganze Menge Erfahrung im Umgang mit Klagen mit. Das Unternehmen sah sich in der jüngeren Vergangenheit weit mehr als nur einer Klagewelle von Spielern und Kanzleien ausgesetzt. Für große Aufmerksamkeit sorgte etwa ein Prozess in den Niederlanden. Hier wurde EA zunächst zu einer Geldstrafe von zehn Millionen Euro verurteilt. Auch in der Berufung konnte sich das Unternehmen anschließend nicht durchsetzen. Vor dem höchsten niederländischen Gericht allerdings gelang ein Sieg. Dieses urteilte, dass Lootboxen nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen würden.

Noch keine Entscheidung in Deutschland

Während in den deutschen Nachbarländern bereits streng gegen die Lootboxen vorgegangen wird, steht eine Entscheidung hierzulande noch aus. Derzeit gibt es kein Verbot der Lootboxen in den Videospielen in Deutschland. Allerdings wird die Funktion bereits berücksichtigt, wenn die Alterseinstufung für Spiele festgelegt wird. Darüber hinaus finden sich in den Spielen Angaben zu den Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Items in den Boxen. Diskussionen darüber, die Lootboxen als Glücksspiel einzustufen, gibt es aber auch hierzulande.

So funktionieren die umstrittenen Lootboxen

Jedes positive Urteil ist für die Spiele-Entwickler eine große Erleichterung. Der Grund hierfür liegt vor allem im Finanziellen. Nicht selten nehmen die Unternehmen deutlich mehr Geld mit den Verkäufen der Lootboxen innerhalb der Spiele ein, als durch den eigentlichen Verkauf des Titels. Das trifft umso mehr auf Spiele zu, die als „Free to Play“ kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Die Funktionsweise der Lootboxen ist dabei immer identisch. Spieler können eine Ingame-Währung wie Credits durch die Bezahlung von echtem Geld erwerben. Je nach Paket wird eine bestimmte Anzahl an Credits notwendig, um dieses zu erwerben. Spieler hoffen darauf, dass sich im Paket ein Gegenstand befindet, der mit deutlich mehr Credits bewertet werden kann als für das Paket gezahlt wurde. Zahlt ein Spieler also beispielsweise fünf Credits für ein Paket, hofft er auf Spiel-Items mit einem deutlich höheren Wert. Die Items können, wie zum Beispiel im Falle von FIFA, mit stärkeren Spielern verbunden sein.

Der Haken aus Sicht der Spieler: Ob der Kauf eines Pakets wirklich ein Erfolg ist, lässt sich nicht vorab einschätzen. Es ist also auch möglich, dass Pakete im Wert von fünf Credits erworben werden, jedoch nur Items mit einem Gesamtwert von einem Credit herausspringen. Kritiker sehen in der Funktionsweise vor allem eine Gefahr für jüngere Spieler, die so bereits früh mit den Elementen des Glücksspiels in Berührung kommen. Da zudem kein echter Geldbezug hergestellt wird, würden Spieler oftmals deutlich mehr Geld für die In-Game-Items ausgeben, als sich diese leisten könnten. Anders als bei den legalen deutschen Wettanbietern gibt es hierfür oftmals keine Limits und wenig Möglichkeiten sich selbst zu regulieren.

Der Beitrag wurde am 14.9.2023 in dem Magazin von Betrugstest.com unter den Schlagwörtern , , veröffentlicht.
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